Jahresbericht des Werkheim Uster
«Wännd umflügsch, eifach wiitermache»
Selbstbestimmt in unserer Gesellschaft zu leben – diese Vision im Alltag zu festigen, war im vergangenen Jahr wichtigste Leitlinie des Werkheim Uster. Dabei haben uns auch Stolpersteine nicht aufgehalten.
«Wännd umflügsch, eifach wiitermache», meinte ein erfolgreicher Teilnehmer an den Special Olympics. Ein toller Grundsatz – auch wenn es darum geht, den Alltag unserer Bewohnerinnen, Bewohner und Mitarbeitenden Schritt für Schritt selbstbestimmter zu gestalten. Das Werkheim Uster arbeitet an der Vision, «dass Menschen mit einer Behinderung ihr Potential an selbstbestimmtem Handeln in der Gesellschaft leben und nutzen können». Gemeinsam wollen wir mutige Schritte tun, Erfahrungen sammeln, hin und wieder auch stolpern und daraus lernen.
Das bewiesen wir unter anderem in unserem Neubau Kubus. Im Mai letzten Jahres war es soweit: 13 Bewohnerinnen und Bewohner konnten im Neubau ihre eigene Studiowohnung beziehen. Die neue Selbstbestimmung war sowohl Freud als auch Leid. Das Thema «Ordnung und Sauberkeit» wurde zum Beispiel hin und wieder nur als notwendiges Übel empfunden. Die Stimmen der Neueingezogenen nach 100 Tagen zeigte aber: Selbstmotivation ist in eigenen vier Wänden einfacher zu finden.
Selbstbestimmung und Teilhabe in der Gesellschaft wollen wir auch durch den Ausbau der aufsuchenden Begleitung vor Ort bei den Bewohnerinnen und Bewohnern in ihren Wohnungen in den Ustermer Quartieren unterstützen. Im vergangenen Jahr wurden dafür konzeptionelle und organisatorische Weichen gestellt. Zum Beispiel der Ausbau des Angebots an Wohnungen für eine oder
zwei Personen.
Schon bald ist die Idee eines Gewerbezentrums Realität: Mitarbeitende des Werkheim Uster bieten eingemieteten Firmen in naher Zukunft vielfältige Dienstleistungen an, wie z.B. Empfang, Reinigung, Montagearbeiten – oder Mitarbeitende mit Unterstützungsbedarf arbeiten direkt vor Ort in den Produktionsprozessen der Partnerfirmen mit. Es entsteht ein inklusiver Arbeitsraum, wo Menschen mit und ohne Beeinträchtigung zusammenarbeiten. An der Umsetzung dieser Vision arbeiteten wir während des ganzen letzten Jahres intensiv. Im Januar 2020 konnten wir den im letzten Quartal des Vorjahres vorbereiteten Kauf einer hervorragend geeigneten Gewerbeliegenschaft im Ustermer Lorenquartier abschliessen. Mit diesem Meilenstein öffnete sich uns der Weg, im Jahr 2021 unser Gewerbezentrum zum Fliegen zu bringen.
Die Förderung von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe geht über Konzepte und Infrastruktur hinaus. Sie beginnt bei unseren Haltungen und unserem Rollenverständnis. Hier wollen wir gemeinsam als Organisation lernen. Akzente gesetzt haben wir dabei im letzten Jahr beispielsweise mit einem internen arbeitsagogischen Weiterbildungskurs, der neuen Fachstelle Agogik oder konkreten, von einer inklusiven Arbeitsgruppe entwickelten Handlungsleitlinien zur Selbstbestimmung – getreu nach dem Grundsatz «Wännd umflügsch, eifach wiitermache». Den Boden für wirksame Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe vorbereitet haben ganz entscheidend sowohl das Fachpersonal mit kompetentem und engagiertem Handeln als auch die Ustermer Bevölkerung und Weggefährten mit ihrem wertvollen Mittragen, das wir im vergangenen Jahr erleben durften. Ganz herzlichen Dank dafür!
Martin Bornhauser, Stiftungsratspräsident
Patrick Stark, Geschäftsleiter
Ich habe auch bei der Arbeitsgruppe Selbstbestimmung mitgemacht. Wir haben Gruppen gemacht, wo wir dann zum Beispiel Ernährung oder Hygiene besprochen haben. Es war eine gute Erfahrung und es war spannend, weil ich gemerkt habe, dass andere manchmal das Gleiche denken wie ich.
Béatrice Spohn, Mitarbeiterin Betrieb «Kunstvoll»
Ich bin glücklich hier im Kubus. Ich habe mein eigenes Leben, mein eigenes Studio. Ich kann in den Ausgang, wann ich will und nach Hause kommen, wann ich will – und ich habe keine WG-Kollegen mehr, die mich stressen. Mit den Studio-Nachbarn hier verstehe ich mich gut. Ich habe schon viel gelernt und mein Ziel ist es, dass ich einmal alleine in einer Wohnung mit Wohnbegleitung leben kann.
Thomas Tschenett, Studio-Bewohner
Im internen Kurs zur Arbeitsagogik haben wir praxisnah Themen aufgegriffen und der Austausch mit den anderen war super. Der Kurs hat meinen Horizont erweitert und mich zum Beispiel darin bestärkt, den Mitarbeitenden mit Beeinträchtigung mehr Verantwortung abzugeben.
Erin Gleisberg, Fachperson im Betrieb «Gartenraum»
Herzlichen Dank
Wir danken Ihnen ganz herzlich für Ihr Mitwirken! Sie tragen mit Ihrem Vertrauen, Ihrem freiwilligen Einsatz, Ihrem Einkauf, Ihrem Auftrag, Ihrer Spende und Ihrem ideellen Support wesentlich dazu bei, dass wir im Werkheim Uster unser Leitbild im Alltag umsetzen und damit Selbstbestimmung fördern können.
Stiftungsrat & Leitungsteam
Stand: Juni 2020
Der 9-köpfige Stiftungsrat steuert das Werkheim Uster auf der strategischen Ebene. Die gewählten Stiftungsratsmitglieder bringen Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen mit und engagieren sich mit Herz.
Die 3-köpfige Geschäftsleitung sowie die Abteilungs-, Betriebs- und Fachstellenleitungen führen das Werkheim Uster auf operativer Ebene.